Öffentlicher Vortrag der Klasse Klima, UdK Berlin, mit Alexander Klose
Die Petromoderne ist die durch Kulturtechniken des Erdöls und anderer fossiler Ressourcen geprägte Kultur unserer Zeit. Gehen wir davon aus, dass es mit ihr ein baldiges Ende hat. Was wird von ihr bleiben? In welchen Formen wird sie explizit und implizit weiterleben? In welchen Formen wird man sich zukünftig auf sie beziehen?
Der Kunsthistoriker Aby Warburg hat für das Überdauern antiker und archaischer Bildprogramme in der Kunst der Neuzeit den Begriff des Nachlebens geprägt. Dieser Sicht zugrunde liegt die Vorstellung von einer evolutionären Kulturentwicklung. Der Vorteil einer solchen Auffassung von Kulturgeschichte liegt aus heutiger Sicht darin, dass sie es erlaubt, kultur- und naturhistorische Phänomene analog zu behandeln. Denn eine der zentralen Erkenntnisse des Anthropozän-Denkens besteht darin, dass die lange für unser Weltbild konstitutive, grundsätzlich Trennung zwischen “Natur”- und “Kultur”- Machen weder ethisch noch im Lichte wissenschaftlicher Erkenntnisse noch haltbar ist.
Die manifest materiellen Hinterlassenschaften der Petromoderne – die Hinterlassenschaften von Tankerhavarien, geplatzten Pipelines, zerstörten Bohrplattformen, von gigantischen Verkehrsinfrastrukturen, vor allem aber CO2 und Mikroplastik – werden für Jahrtausende in den Ozeanen, in der Atmosphäre, auf der Erdoberfläche und in den Böden verbleiben. Sie werden die Biosphäre des Planeten nach menschlich-historischen Maßstäben für eine signifikant lange Dauer verändert haben. Wie aber steht es mit den weniger materiellen kulturellen Elementen unserer Zeit, den Verhaltensweisen, sozialen Organisationsformen, Glaubens- und Begehrensstrukturen? Wie wird man sich auf sie zukünftig beziehen? In welchem Verhältnis stehen sie zu den Monumenten petrochemischer Produktion und Mobilität und welche Rollen könnten diese spielen?
Anhand existierender Beispiele für petromoderne Kulturerbestätten und anhand der Entwürfe der Teilnehmer*innen der Klasse Klima diskutiert Alexander Klose in seinem Vortrag Szenarien zukünftiger Erinnerungs- bzw. Verdrängungskultur.