Wie sicher ist unsere Energieversorgung – aktuell, vor allem aber nach der Energiewende, deren Dringlichkeit ein weiterer Hitzesommer eindrucksvoll unterstrichen hat? Energie ist nicht abstrakt, das ist mehr denn je klar. Sie ist in stoffliche und geografische Netzwerke eingebunden. Welche Stoffe brauchen wir für unseren Alltag, die Industrie, unseren Wohlstand? Wie sind diese Ressourcen in der Welt verteilt? Zu welchen geopolitischen und ökologischen Kosten leben wir aktuell? Und wie wollen wir in Zukunft leben?
Chemie steht dabei doppelt im Fokus. Als großer Verbraucher zahlreicher und oft problematischer Ressourcen, aber auch als erprobtes Mittel, sich über Innovation aus Abhängigkeiten zu lösen.
Der Forschung zur Katalyse kommt eine Schlüsselrolle zu; sowohl für postfossile Energiesysteme wie für alle anderen, globalen Stoffkreisläufe. Welche Ansätze verfolgt UniSysCat hier?
Es gibt Erdöl in Österreich? Aber ja! Im Wiener Becken und in Oberösterreich wird seit den 1930ern Erdöl und Erdgas gefördert. Raffinerien und Öltanks stehen seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert an den Ufern der Donau. Der Rohstoff Öl verknüpft auf schillernde Weise die lokale Geografie und die nationale Geschichte der Alpenrepublik mit deren naturgeschichtlichen Grundlagen und mit den globalen Weltläuften des 19., 20. und 21. Jahrhunderts.
Um 1900 ist das Habsburgerreich mit seinen galizischen (heute ukrainischen) Ölfeldern Förderland Nummer drei nach den USA und Russland. Öl aus dem Wiener Becken treibt die NS Kriegsmaschine an. Bis 1963 fließen dann Millionen Tonnen Öl als inoffizielle Reparationen in die Sowjetunion. Parallel zum neutralen Österreich wird die ÖMV als neutraler Öl-Konzern konzipiert. 1965 Wien wird OPEC-Stadt, seit 1968 strömt Sowjetisches Erdgas über Baumgarten in den Westen. Die Montanuniverstät Leoben ist eine der wichtigsten Petroleum-Lehrstätten Europas. Zwar ist die OMV ein internationaler Konzern mit Verflechtungen insbesondere nach Russland, aber noch immer stammen ca. 10 Prozent des Inlandsverbrauchs an Öl und 15 Prozent an Erdgas aus heimischen Quellen.
Die Pfade des Erdöls aus und nach Österreich situieren das Land auf sehr spezifische Weise in der Natur- in der Kultur- und in der politischen Geschichte der Moderne und des Anthropozäns. Öl fungiert als besonderes Reflexionsmedium: Im Lokalen wird das Globale, im Globalen wird das Lokale anders wahrnehmbar. Mit Bild- Video- und Ton-Material aus unterschiedlichen Konstellationen (Galizien, NS, OPEC) gestaltet ‚Beauty of Oil‘ eine Revue Petro Noir in Linz.
Die Petro Revue Linz montiert Unterhaltung und Propaganda, Videoschnipsel und Musik mit geowissenschaftlichen Materialien und historischen Dokumenten. Sie bilden den Rahmen für Gespräche. Unsere Gäste und Gesprächspartner_innen sind der österreichisch-französische Historiker Jérôme Segal und die Petroleumingenieurin und Doktorandin der Montan-Universität Leoben Bianca Brandstätter.
Die Tagung wird über Zoom gestreamt. Über diesen Link kann man sich zur Teilnahme anmelden.
“We live in turbulent times, and the role of petroleum is at the heart of global and local political debate about how we should rebuild after COVID-19 and address our worsening crises of climate and international stability. A transition to a world without oil as its primary source of fuel and energy is vital if we are to reach the climate targets set by the Paris Agreement, but the pathway, feasibility, and timing of such an unprecedented transition is still hotly debated. We know that oil will come to an end, but whether its closing date is set by emptied reservoirs, greener alternatives, or political decisions, is still to be determined. Recognizing that the “age of oil” is being challenged, petrocultures2022 invites scholars and artists, journalists and activists, politicians and business actors to engage critically in the debate and the transition to alternatives. The conference will be held at the Norwegian Petroleum Museum and a nearby conference venue in Stavanger, the energy capital of Norway.“
We spent 4 days and nights at the first physical meeting of the international Petrocultures researcher crowd since Glasgow 2018. It took place in the conference rooms of the Oljemuseum and on a historical ship, the MS Sandness, which used to commute between Bergen and Stavanger. About 300 people attended the conference. The program was packed, and often the conference rooms – among them the lovely breakfast room and second class salon on the boat – were so, too. Keynote speeches were given on thursday, friday and saturday morning at Stavangeren, a former church assembly room in the old city of Stavanger.
»Die Energiekrise befeuert die Diskussion um das Schiefergas. Große Vorräte werden im niederösterreichischen Weinviertel vermutet. Aber ausgerechnet hier, wo das Herz der heimischen Erdölindustrie pocht, formiert sich der Widerstand gegen das Fracking.« Ein Beitrag von Simone Brunner, entstanden mit Recherchetips von Beauty-of-Oil. Besuch in der St. Leonhardskirche in Matzen inklusive! (download des Artikels hier)
»Im Tagesgespräch ging es um schwierige Zeiten. Wie reagieren Sie auf die vielen Krisen und Katastrophen auf der Welt? Kann das Leben einfach unverändert so weitergehen? Moderation: Christoph Peerenboom / Gast: Benjamin Steininger, Kulturwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte Berlin, Katalyseforscher bei UniSysCat an der TU Berlin«
In the context of the congress »Unearthing the Present« (19.5.-22.5.2022), one of the final events after ten years of Anthropocene research and debate at HKW, together with the members of the Anthropocene-Working-Group Barbara Fiałkiewicz-Kozieł (PL) and Neil Rose (UK), Benjamin Steininger will be giving the seminar »Combustion: Reading the Ashes« on Friday, 20.5.2022, 5 pm. It is part of a series of presentations on Friday.
Microplastics in bodies of water or organisms or the accumulation of radionuclides from nuclear weapons tests – anthropogenic markers have a political, technological and ecological history behind them. Developed from the online publication Anthropogenic Markers, researchers of the Anthropocene Working Group, humanities scholars and artists provide an insight into the laboratory practice of “Anthropocene forensics.” Eight sessions examine chemical and biological fingerprints as demarcations for the new geological epoch of the Anthropocene. Registration for individual workshops is now open.
Ausstrahlung auf ARTE: Mittwoch, 22. Juni 2022, um 21:45 Uhr und auf arte.tv bis zum 22. Juli 2022
Der fossile Rohstoff Erdöl hat sich in vielen Facetten unseres Lebens manifestiert und in den letzten 150 Jahren nicht nur unsere Maschinen befeuert, sondern auch unsere Fantasien, Wünsche und Träume. Im Zeitalter der Petro-Moderne wurde Erdöl in unseren westlichen Gesellschaften zu einem Katalysator für Wachstum und Konsum – und damit zum Sinnbild für Freiheit, Moderne und Wohlstand. Heute neigt sich dieses Zeitalter dem Ende entgegen und uns wird schmerzlich bewusst, wie abhängig sich die moderne Gesellschaft von diesem Stoff gemacht hat.
Das HKW (Haus der Kulturen der Welt) forscht bereits seit Jahren in verschiedenen interdisziplinären Projekten zum Anthropozän, dem vom Menschen gemachten Erdzeitalter. Der Ausbeutung planetarischer Rohstoffe wie dem Erdöl kommt hierbei eine wichtige Rolle zu.
Der Regisseur Mathias Frick hat sich gemeinsam mit den Kulturwissenschaftlern Benjamin Steininger und Alexander Klose auf die Reise zurück in die Petro-Moderne gemacht. Der Film erzählt entlang von Kunstwerken aus verschiedenen Teilen dieser Welt, wie tief unser Leben von den Kreisläufen des Erdöls durchdrungen ist. Zur ARTE-Filmpremiere im HKW laden wir Sie herzlich ein.
Vor dem Film: Einführung durch Bernd Scherer (Intendant HKW). Nach dem Film: Gespräch mit Mathias Frick, Alexander Klose, Benjamin Steininger und der Produzentin Eva Rink (Vive la Dok).
Bernd Scherer, noch Intendant des HKW, hält die Begrüßungsrede und verknüpft die Petromoderne-Forschung mit seinem eigenen, wichtigsten Forschungsfeld der letzten zehn Jahre, der Frage nach dem Anthropozän.
Engagierte Frage-Antwort-Runde nach dem erfreulich gut besuchten Film-Screening.
The volume is the final publication of the DFG funded research network Fluidity. Materials in Motion, which was active from 2019 until 2022. Authors among others: Kassandra Nakas, Marcel Finke, Inge Hinterwalder, Friedrich Weltzien, Jens Soentgen, Franz Mauelshagen (get the book here).